Antonio Vivaldi

1668 – 1741           Italien

 

 

 

In Übersetzungen von:

Oswald Köberl

 

 

 

Frühling

Der Frühling läßt des Winters Kräfte schwinden,
ihn grüßen Vogelstimmen ohne Zahl,
und Bäche eilen murmelnd hin durchs Tal,
gekräuselt durch den Hauch von Zephyrwinden.

Schwarz hüllt der Himmel sich mit einem Mal,
und Blitz und Donner sprühn aus finstern Schlünden.
Doch bald tritt Ruhe ein - und wieder künden
die Vogellieder hell den Sonnenstrahl.

Und dort auf blütenbunter Wiesen Weite,
die rauschend Wald umgibt - ein grüner Kranz,
schläft nun der Hirt, den treuen Hund zur Seite.

Zum Schall des Dudelsacks schlingt sich der Tanz
von Nymph’ und Schäfer auf der blum'gen Breite,
und licht und lichter strahlt des Frühlings Glanz.

 

 

 

 

Sommer

Die Sommersonne sticht vom Firmament,
ermattet Mensch und Tier, die Pinie brennt.
Da klingt des Kuckucks Ruf, in den sich licht
das Lied von Distelfink und Taube flicht.

Der süße Zephyr haucht, bis vehement
in seinen Kreis die rauhe Bora bricht.
Der Schäfer weint, weil er den Nordwind kennt,
und bebt und bangt vor Schicksal und Gericht.

Der abgespannten Glieder Schlaf verwehren
die Angst vor Donnerschlägen und das Sausen
von wilden Mücken- und Hornissenheeren.

Ach, wie begründet waren Furcht und Grausen!
Der Himmel droht mit Blitz und Sturmesbrausen,
und jäher Hagel mäht die stolzen Ähren.

 

 

 

Herbst

 

Das Landvolk, das da tanzt und singt,
erfreut der Ernte sich in Festlichkeit.
Noch sind sie von des Bacchus Trunk beschwingt,
doch machen sie sich bald zum Schlaf bereit.

Daß man so leicht beschließt die Lustbarkeit,
ist durch den Atem milder Luft bedingt
und durch die angenehme Jahreszeit,
die süße Ruhe und Erquickung bringt .

Im Dämmer machen sich die Jäger auf
mit Hörnerschall, mit Flinten und mit Hunden.
Das Wild entflieht, doch wird es bald gefunden.

Vom Büchsenknall und von der Hunde Hauf'
gehetzt, ermattet schon sein rascher Lauf.
Dann endet es, geschwächt von vielen Wunden.

 

 

 

 

Winter

Du zitterst in des Frostes starrem Kreis,
ein kalter Wind bläst heulend dir entgegen,
und zähneklappernd stapfst du durch das Weiß,
setzt Fuß vor Fuß auf schneeverwehten Wegen.

Zufrieden spürt man: der Kamin ist heiß,
wenn draußen Hunderte durchnäßt der Regen,
wenn sie aus Furcht, zu stürzen, übers Eis
sich nur mit Vorsicht, zaudernd fortbewegen.

Doch sieh, dort gleitet einer, dreht sich, fällt –
und wieder muß er auf dem Eise weiter,
bis es zuletzt in Stücke birst, zerschellt.

Scirocco, Bora brechen nun als Streiter
aus ehernem Gelaß in alle Welt. -
So ist der Winter - doch gewiß auch heiter.